© by Anant Kumar, Kassel
LOTUS-BLUME:
1. Die Tochter Brahmas
Mit Recht weisen mir die weisen Inder
den Sitz des Brahma zu,
und damit umarmen meine Blätter
jedes Geschöpf:
die Götterfüße und die Schlammerde.
Mein weißer unschuldiger Kelch
und meine zarten Blätter
trinken
das Gottesgetränk,
das die Brahmanen mengen.
Und ich liege ungeniert
im Schlamm,
durch den die Unberührbaren trampeln:
die Kinder der Kotträger
der Aasverarbeiter
der Leprabettler.
Meine Blätter pflückt -
jede Hand.
Des Schlachters.
Des Mönches.
Gerne und allzugerne.
Nur wünsche ich mir reine Hände.
Hände - hübsch und sauber.
Und ein Herz - ein wenig selig.
Des Manneskörpers - zart und freundlich.
O Geliebter!
Zögere Dich nicht.
Meine weißen Blätter
für Dich tröpfeln
- Düfte.
Komm Geliebter!
Lösche
Erlösche
(Gewinnertext im 1. Poeticus-Gedichte-Wettbewerb, Spittal/ Österreich, )
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© by Anant Kumar, Kassel
LOTUS-BLUME:
2. Der Shudra-Junge *)
Übervorsichtig berührt mich
zart
der Shudra-Junge.
Und dann blitzschnell
nimmt er seine Hand weg -
ängstlich verzweifelt.
Als lauerten um mich die giftigen Brahmanen-Bienen.
Meine schönen weißen Blätter
stehen noch erregter.
Und meine Düfte
überragen die heiligen Pasten.
Jene Sandelholz-Salben,
die auch die Stirnen der dummen Brahmanenkinder tragen.
Ach! Sie gehen
vorbei -
die Liebesrufe.
Der Shudra steht weiter
ängstlich
verzweifelt
und schmachtet
in Schlingen verhaftet.
Der faulen fetten Brahmanen.
Und vergeblich
erbebe ich
vor Verlangen -
lange
zitternd
*) Die Shudras gehören ganz unten in die indische Kastenhierarchie. Früher (und zum großen Teil auch heute noch) waren ihre Berufe u.a. Kotträger, Aasverarbeiter, Schuster u. ä.
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© by Anant Kumar, Kassel
LOTUS-BLUME:
3. Die schmutzigen Brahmanenhände
Dieser Brahmane ist ein Lustmolch.
Und was für einer?
Er frisst die Opfergaben - unersättlich.
Und er möchte leertrinken - die dürren Kühe.
Er ist weit von einem Sadhu,
dem wandernden Gottessohn.
Und noch weiter vom Fakir, dem erleuchteten Bettler,
der den Brahma sucht - mit seiner Liebe.
Verlassen die Welt - in ihrer Rast.
Aber dieser Kastenkönig ist schmutzig
und falsch.
Er rezitiert fehlerhaft die Mantras.
Und seine Augen schauen voller Gelüste an -
auch mich, die Tochter Brahmas.
Und immer wenn mich
seine schmutzigen Hände anfassen wollen,
verwelkt auf einmal
mein Kelch in seiner Jugend,
und es fallen auseinander -
meine vertrockneten Blätter:
ohne Düfte
ohne Tränen
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© by Anant Kumar, Kassel
DER DACKEL
Im letzten Leben war ich
eine Bulldogge.
Kräftig und häßlich.
Mein Herr gab mir Befehle.
Und ich wurde immer braver.
Meine Karmas waren gute Taten.
Es hat sich gelohnt.
Jetzt bin ich ein Dackel.
Klein und süß.
Gleichberechtigt
meine Herrin und ich,
zusammen einkaufen
zusammen frühstücken
zusammen Glotze gucken.
Wenn sie sich aufregt
sage ich auch ein "WAU" drauf.
Gestern spuckte einer auf die Straße.
Meine Herrin ihn beschimpfte* und damit nicht aufhörte*.
Der arme Mann zitternd sich duckte.
Im Magen spürte ich ein großes Gelächter
und ich schiß mitten auf die Straße.
Bewußte Abweichung von der Norm "beschimpfte ihn" und "hörte damit nicht auf".
(Aus: Kasseler Texte (Gedichte, Glossen, Satiren),
, Schweinfurt 1998,
2. Auflage 2000, ISBN 3-932497-12-0)
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© by Anant Kumar, Kassel
DAMALS
Es goß damals.
Und er trabte weiter.
Heiter! heißer! durchnässt!
Zur Tür der Geliebten.
Er dachte an die warme Teetasse,
und merkte keine Spur der Kälte.
Im mattgrauen Regenguss schwebten
ein hübsches Gesicht und zwei Mandelaugen.
Sein Gemüt wurde noch heißer,
und seine Schritte wurden noch heftiger,
bis er das vertraute Lachen hörte,
und er begann auch zu lachen:
Er stand vor der Tür,
und an der Tür stand das Gesicht.
(Aus: Fremde Frau - Fremder Mann, Gedichte,
, Schweinfurt 1997,
3. Auflage 1999, ISBN 3932497-00-7)
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© by Anant Kumar, Kassel
RAUSCH
mit weit geöffneten Augen
das männliche Geschlecht.
Stößt hin und wieder Schrei aus
die verringerte Frauenanzahl.
ein Riesenbierbauch rülpst. ...
müde und verloren
gucke ich auch auf das entblößte Fleisch
obwohl der Verein "Frauen als Siegerin e. V." es verbietet.
die Tanzfläche hat gewonnen
matt verlassen sie sie
aber sie brummt weiter im Rausch.
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© by Anant Kumar, Kassel
IST DEUTSCH SCHWER
In einem Gespräch
sagt Francisco aufgeregt "Gut!"
"Woas?", fragt der nebensitzende Friedl.
"Gut! Gut!", wiederholt Francisco.
"Ach guat!"
"Bitte?" fragt jetzt Francisco.
"Guat! Guat sagt man!"
Jetzt sind beide ein bissl verärgert.
Daher witzelt Heide kichernd:
"Deutsch ist schwer! Gell?"
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© by Anant Kumar, Kassel
RELATIVITÄTSTHEORIE
Geboren als Unberührbarer
in einer Gesellschaft
und gelandet als ein
Farbiger und Exotischer
wird ihm hier diese Theorie
immer klarer.
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Gedichte gegen den Krieg im PDF-Format
Herausgeber:
Anant Kumar ist mit seinem Gedicht "Ausweg" vertreten.
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